Positionspapier der LAG Freiwilligendienste zur Schulgesetzänderung in Rheinland-Pfalz
Die Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Freiwilligendienste ist ein Zusammenschluss von 33 Trägern, die verantwortlich sind für die Durchführung des Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ), des Freiwilligen Ökologischen Jahres (FÖJ) und des Bundesfreiwilligendienstes (BFD) in Rheinland-Pfalz. Sie vertritt ungefähr 4.600 Freiwillige und möchte mit Hilfe eines Positionspapiers die Auswirkungen der Schulgesetzänderung vom Sommer 2020 auf die Freiwilligendienste darstellen.
Zur Erklärung: Im Sommer 2020 wurde §60 Abs. 1 Nr. 2 des Schulgesetzes Rheinland-Pfalz ersatzlos gestrichen. Dieser Passus ermöglichte es Schüler*innen nach der Klassenstufe 9, einen Freiwilligendienst zu absolvieren. Nach der Streichung müssen diese Personen mindestens ein weiteres Jahr in die Schule gehen, bevor sie einen Freiwilligendienst machen können. Dies hat drastische Auswirkungen für junge Menschen, die sich für einen sozialen Beruf interessieren, da ihnen der Einstieg in dieses Berufsfeld durch die Verwehrung eines Freiwilligendienstes erschwert wird. Unmittelbar nach der Gesetzesänderung mussten einige bereits im Dienst befindliche Freiwillige diesen daraufhin wieder beenden und erneut die Schulbank drücken. Zudem mussten zahlreiche weitere Bewerber*innen abgewiesen werden. Dies führte und führt weiterhin zu Unverständnis und Frust bei allen Beteiligten.
Unter den jährlich 4600 Freiwilligen in Rheinland-Pfalz sind im Schnitt 600 Personen mit Hauptschulabschluss. Somit ist ein beträchtlicher Anteil jedes Jahrgangs von der Schulgesetzänderung betroffen. Je nach Tätigkeitsschwerpunkt der Träger, z. B. im Bereich Pflege und Erziehung, kann dies für einzelne Träger über die Hälfte der Bewerber*innen bedeuten, die ersatzlos wegbrechen.
Wir als Freiwilligendienstträger nehmen gerade bei Freiwilligen mit Berufsreife außerdem oft wahr, dass sie im praktischen Tun eines Freiwilligendienstes erstmals so etwas wie eine Sinnhaftigkeit erfahren. Viele Schüler*innen zeigen nämlich nach der Berufsreife Schulmüdigkeit und wünschen sich andere, eher praxisbezogene Formen und Angebote der Bildung, die z. B. auch ein Kennenlernen und Hineinschnuppern in unterschiedliche Berufsfelder einschließen.
Gerade für diese eher schulmüden jungen Menschen halten wir die Option eines Bildungs- und Orientierungsjahres in Form eines Freiwilligendienstes als Alternative für ein weiteres Jahr Berufsfachschule für sehr zielführend. Besonders bei dieser Zielgruppe haben die Freiwilligendienste oftmals einen positiven Einfluss auf die Bildungsmotivation. Die Freiwilligendienste zeigen Perspektiven auf, warum es sich lohnt zu lernen. Dabei zielen sie stärker als die Schule auf Persönlichkeitsentwicklung und Lebensweltorientierung ab. Viele Jugendliche, die mit der Berufsreife vor der Schulgesetzänderung ein FSJ, FÖJ oder einen BFD ableisten konnten, berichten uns am Ende ihres Freiwilligendienstes oder nach ihrem Freiwilligendienst, dass sie das Jahr gebraucht haben und es sehr wichtig für ihre persönliche Entwicklung war.
Ferner spitzt die Schulgesetzänderung den Fachkräftemangel weiter zu. Freiwillige mit Berufsreife werden insbesondere im Bereich Pflege und Erziehung (wie beispielsweise Altenpflege- und Kindertageseinrichtungen) eingesetzt. So kann dem Fachkräftemangel erfolgreich entgegengewirkt werden. Und dies wiederum kommt der gesamten Gesellschaft zugute. Die Rekrutierung von Auszubildenden in vom Fachkräftemangel betroffenen Bereichen wird also durch die neue Schulgesetzänderung um einiges erschwert. Daher gehen wir als Träger der Freiwilligendienste von einer dauerhaften Erschwernis bei der Rekrutierung von Auszubildenden in vom Fachkräftemangel betroffenen Bereichen aus.
Aufgrund dieser Gemengelage hat die LAG Freiwilligendienste in Rheinland-Pfalz ein Positionspapier verfasst und beim Ministerium für Bildung Rheinland-Pfalz eingereicht. Das Ziel des Positionspapiers besteht darin, dass wir aus unserer Sicht zum Wohle aller Beteiligten wieder zu der früheren und über Jahre bewährten Regelung zurückkommen, die jungen Menschen nach der Erlangung der Berufsreife nach 9 Schuljahren, ggf. auch ohne einen Schulabschluss, einen Freiwilligendienst ermöglicht.
Das komplette Positionspapier zum Nachlesen findet ihr hier:
Positionspapier der LAG Freiwilligendienste zur Schulgesetzänderung in Rheinland-Pfalz
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