Mein FSJ in einem psychiatrischen Wohnheim

Ein Erfahrungsbericht von Alicia Hans

Ich heiße Alicia, habe Vergangenes Jahr ein FSJ in einem psychiatrischen Wohnheim absolviert und habe nun die Ehre, hier davon zu berichten. Tatsächlich habe ich nie großartig darüber nachgedacht nach der Schule einen Freiwilligendienst zu machen und bin eher zufällig über Bekannte dort hineingerutscht, rückblickend betrachtet war es aber wohl eines der besten Dinge, die mir je passiert sind.

Aus einem Mangel an Alternativen nach dem Abschluss, bedingt durch die Corona-Pandemie, hielt ich es für die beste Idee, einfach direkt irgendein Studium anzufangen und zu schauen, wohin mich der Weg führt. Tatsächlich habe ich aber relativ schnell bemerkt, dass dieser Weg nicht der richtige für mich ist und mich dazu entschlossen, das ganze abzubrechen und stattdessen zur Orientierung einen Freiwilligendienst zu machen. Ich hatte großes Interesse an der Arbeit mit psychisch erkrankten Menschen und bin irgendwann auf die Eingliederungshilfe Haus Felsenhof in Bardenbach aufmerksam geworden. Da die Welt -und vor allem das Saarland- bekanntlich ein Dorf ist, kannte ich bereits zwei Leute, die dort arbeiten bzw. dort ebenfalls ein FSJ gemacht haben und die mich ermutigten, mich zu bewerben. Nach dem ersten Kontakt mit dem Paritätischen und der Einsatzstelle ging dann auch alles relativ schnell und so konnte ich knappe zwei Monate später bereits mit meiner Arbeit beginnen.

Am Anfang war alles natürlich total aufregend und auch etwas überfordernd, da super viele Eindrücke auf einmal auf mich einprasselten. 40 Stunden die Woche mit so vielen Menschen zusammenzuarbeiten ist einfach eine große Umstellung, wenn man gerade frisch aus der Schule bzw. dem Studium kommt. (Oder wie meine Oma sagte: „Tja Kind, jetzt siehst du mal wie es ist, richtig zu arbeiten.“)

Von der Einsatzstelle wurde mir der Einstieg aber wirklich sehr einfach gemacht. So wurde ich beispielsweise nicht von Anfang an ins Schichtsystem „hineingeworfen“, sondern hatte in den ersten Wochen einen Tagdienst von 9:00 Uhr bis 16:30 Uhr, um einen Eindruck von der Arbeit im Früh- als auch im Spätdienst zu bekommen. Außerdem durfte ich viel Zeit in der Beschäftigungstherapie verbringen, was eine super Möglichkeit war um die Bewohnerinnen und Bewohnern etwas kennenzulernen. Generell waren alle sehr offen und freundlich und es gab auf beiden Seiten kaum Berührungsängste, was es mir sehr leicht gemacht hat, mich schnell wohlzufühlen.

Nach der Kennenlernphase wurde ich dann auch ins Schichtsystem eingebunden und durfte mit den Betreuungs- und Pflegekräften zusammen die Bewohnerinnen und Bewohner in ihrem Alltag begleiten und unterstützen. Meine Aufgaben hierbei waren hauptsächlich die Essensausgabe, die Unterstützung bei der Zimmerreinigung und allgemeine Freizeitgestaltung, wie z.B. Spaziergänge, Spiele spielen und kleinere Ausflüge. Aber auch einfach nur Gespräche gehörten bald zur Tagesordnung, da so langsam eine Art Vertrauensverhältnis entstanden war, und die Bewohner*innen immer häufiger auch mit ihren Sorgen und Problemen zu mir kamen. Am Anfang hatte ich ehrlich gesagt etwas Sorge, ob ich überhaupt richtig reagieren kann wenn es einer Person wirklich schlecht geht; dies hat sich aber bisher zum Glück meist als unbegründet herausgestellt. Und das klingt jetzt vielleicht sehr kitschig und klischeehaft, aber es gibt wirklich kaum ein schöneres Gefühl, als wenn man es mit ein paar wenigen Worten schafft, dass sich eine Person wieder etwas besser fühlt.

Neben dem Arbeitsalltag gab es dann auch alle paar Monate noch die Seminarwochen, auf die ich mich wirklich immer sehr gefreut habe. Denn auch wenn die Arbeit Spaß gemacht hat, 5 Stunden am Tag mit Gleichaltrigen in einer Jugendherberge zu verbringen und jeden Tag ein sehr abwechslungsreiches Programm zu haben fühlte sich immer an wie eine Woche Urlaub. Oder zumindest wie eine sehr lehrreiche Ferienfreizeit. So hatten wir zum einen sehr interessante Vorträge zu Themen wie u.a. Zivilcourage oder psychische Erkrankungen, als auch Teambuilding Übungen und Ausflüge wie z.B. zum Lasertag spielen oder Battle Kart fahren. Aber auch der Besuch einer Schule für Gehörlose ist mir sehr im Gedächtnis geblieben. Alles in allem konnte man aus den Seminarwochen wirklich viel mitnehmen und es war eine tolle Ergänzung zum Arbeitsalltag.

Als kleines Fazit lässt sich sagen: Egal wo man im Leben steht; ob man – wie in meinem Fall- noch etwas planlos ist was die berufliche Zukunft angeht und sich erstmal ausprobieren will, oder ob man schon weiß wie es weitergeht aber einfach Bock hat sich sozial zu engagieren: Ein Freiwilligendienst lohnt sich. Es klingt sehr abgedroschen und man hat es auch schon tausendmal gehört, aber es ist wirklich unfassbar, wie viel man in dieser Zeit dazulernt und wie sehr man sich verändert. Also, wenn ihr darüber nachdenkt: Do it! Es wird euch, anderen Menschen und eurem Lebenslauf guttun.