FSJ in einer Kindertagesstätte – Interview mit unserem Freiwilligen Florian Heise

Gerade in der Betreuung von Kindern im Bereich der Kindertagesstätten sind die Freiwilligendienste seit Jahrzehnten eine große Hilfe für die Erzieherinnen und Erzieher. Die Freiwilligen können insbesondere dort unterstützen, wo die hauptamtlichen Kolleginnen und Kollegen zeitlich ansonsten an ihre Grenzen stoßen würden. Somit ist das ehrenamtliche Engagement im Rahmen von FSJ und BFD ein wichtiger Stützpfeiler unseres Betreuungsangebots für Kinder in Deutschland. Dabei können die Freiwilligendienstleistenden wertvolle Erfahrungen im Berufsalltag sammeln und sich beruflich orientieren. Florian Heise macht im Jahrgang 2021/2022 ein Freiwilliges Soziales Jahr im Waldorfkindergarten in Landau und berichtet im folgenden Interview von seinen Aufgaben und Erlebnissen. Begleitet wird er dabei von Laura Brust, der Einrichtungsleitung im Waldorfkindergarten Landau.

Frage: Hallo Florian, du machst ja dein FSJ im Waldorfkindergarten Landau. Erzähl uns doch mal von einem normalen Tag im Freiwilligendienst bei dir.

Florian Heise: Mein Morgen startet damit, dass ich in die Gruppe gehe und alle begrüße, also die Kinder und die Mitarbeiter. Dann fange ich meistens damit an, dass ich die Tische schonmal decke für das Frühstück. Dann frühstücken wir gemütlich zusammen. Danach gibt es in der Regel einen Morgenkreis. Anschließend steht das Freispiel auf dem Programm, bei dem die Kinder spielen können. Je nachdem, wie das Wetter ist, gehen wir dabei nach draußen oder bleiben drinnen. Ich habe in den letzten Tagen mit den Kindern auch gebastelt. Wir haben vielleicht etwas zu viele Papierflieger gebastelt, habe ich gemerkt (lacht), denn sie stapeln sich schon überall und es ist dann ja auch schade, wenn wir sie teilweise wegwerfen müssen. Gegen 12 Uhr sammeln wir uns drinnen und es gibt Mittagessen, das wir in der Zwischenzeit während des Freispiels schonmal vorbereiten können. Danach mache ich in der Regel meine 30-minütige Pause, da mache ich es mir dann gemütlich. Anschließend sind wir dann im Normalfall wieder drinnen oder draußen und spielen zusammen. Das ist so ein klassischer Arbeitstag von mir. Das wandelt sich natürlich immer mal ab, zum Beispiel habe ich mit den Kindern auch mal zusammen an der Werkbank geschnitzt, also ich darf mich da auch ausprobieren und selbst Angebote für die Kinder anbieten und umsetzen. Ab und zu gibt es auch besondere Aktionen. Aktuell bastele ich zum Beispiel für die Kinder anlässlich der Weihnachtszeit mit Walnüssen, Wolle, Schnur, Lack und Dekoration Weihnachtsbaumschmuck, die ich ihnen als Überraschung schenken werde. Da kann ich mich dann auch kreativ ausleben.

Frage: Warum hast du dich dafür entschieden, einen Freiwilligendienst zu machen?

Florian Heise: Ich komme ja eigentlich aus einem ganz anderen Bereich, nämlich aus dem Handwerk. Ich habe in den Monaten, in denen ich hier im Kindergarten bin, gemerkt, dass mir die letzten vier Jahre im Handwerk absolut keinen Spaß gemacht haben. Ich bin durch zwei meiner besten Freunde, die im sozialen Bereich studieren, zu der Entscheidung gekommen, einen Freiwilligendienst zu machen. Sie hatten vor ihrem Studium auch ein FSJ gemacht und da bin ich auf die Idee gekommen: Das könnte ja auch etwas für mich sein, das hört sich cool an. Vor einigen Monaten habe ich mir dann gedacht: Ok, ich mache das jetzt einfach. Wenn nicht jetzt, wann dann? Und ich muss sagen: Ich habe die Entscheidung nicht bereut. Durch den Kontakt mit den Kindern und das soziale Miteinander im Kollegium gehe ich ganz anders auf und habe viel mehr Spaß an der Arbeit als früher. Ich merke auch, dass der Wechsel zu 100 Prozent die richtige Entscheidung für mich persönlich war. Das hat mir viel von der Last, die ich persönlich in den letzten Jahren mit mir auf den Schultern herumgetragen habe, abgenommen. Aktuell schwebt mir der Gedanke vor, nach dem FSJ soziale Arbeit zu studieren. Diese Idee wurde im Austausch mit den anderen und mit der Leitung auf dem letzten Seminar nochmal verstärkt (lächelt).

Frage: Mit welchen Menschen hast du zu tun?

Florian Heise: Hauptsächlich natürlich mit den Kindern, die wir hier betreuen. Außerdem dann eben auch mit dem Kollegium, mit dem ich zusammenarbeite. Ab und zu rede ich auch mal mit den Eltern, z. B. wenn sie die Kinder bringen oder abholen und wir unterhalten uns, was bei den Kindern am Tag so passiert ist.

Frage: Was waren die Highlights aus deinen Bildungsseminaren?

Florian Heise: Ich muss sagen, dass das eine Seminar, das ich bisher hatte, ganz anders war, als ich es mir vorgestellt hatte. Die Seminare aus meinem handwerklichen Bereich vor dem FSJ waren immer schwer und träge. Da wurde einem viel Wissen reingedrückt. Da war das FSJ-Seminar ganz anders, viel lockerer und angenehmer. Es waren zwei Themen dabei, die mich am meisten angesprochen haben. Das war zum einen das Thema Gebärdensprache und zum anderen die tiergestützte Therapie mit Hunden. Ich muss sagen, das Seminar war insgesamt ein Highlight, ich fand es richtig schön. Allein auch der Austausch mit den anderen Freiwilligen war toll. Die ganze Seminarwoche fand ich also richtig interessant und ich bin gespannt, was da in den nächsten Seminaren noch so kommt.

Frage: Was ist dein bisher besonderstes Erlebnis aus dem Freiwilligendienst?

Florian Heise: Ganz besonders war für mich, wie schnell sich die Kinder an mich gewöhnt haben. Denn ich entspreche jetzt nicht dem Standard-Bild von Menschen in einer Kita: Ich bin bärtig, ich bin tätowiert, vielleicht auch etwas spezieller von den Klamotten her (lacht). Da hatte ich anfangs so meine Bedenken, ob ich so angenommen werde. Ich hatte vor dem FSJ schon mit den Gedanken gespielt, mir ein paar Karohemden zu kaufen, aber ich habe mich dann doch dagegen entschieden, weil ich ja auch so akzeptiert werden will, wie ich bin und mich nicht verstellen möchte. Und meine Ängste waren dann auch unbegründet: Mein Aussehen war absolut kein Thema, auch von den Eltern und den Kollegen her habe ich da gar keine negativen Reaktionen erhalten. Und die Kinder hat das überhaupt nicht interessiert, die sind so offen mir gegenüber, das ist schon schön.

Eine weitere Sache ist mir auch besonders in Erinnerung geblieben: Ich war kürzlich eine Zeit lang krank. Als ich wiedergekommen bin, haben ein paar Kinder direkt zu mir gesagt: „Ich habe dich schon richtig vermisst.“ Das freut einen dann natürlich sehr und das war ein sehr schönes Erlebnis für mich.

Frage: Was sagen deine Eltern oder deine Freunde dazu, dass du einen Freiwilligendienst machst, gerade weil du vorher ja in einem ganz anderen Bereich tätig warst?

Florian Heise: Für meinen Vater war es am Anfang sehr schwer, dass ich aus dem handwerklichen Bereich herausgewechselt bin. Denn er schraubt sehr gerne und das mache ich privat auch nach wie vor immer noch. Mir hat das Handwerkliche nur auf dem beruflichen Weg nicht gefallen, das war einfach nicht meins. Mittlerweile ist es für ihn kein Thema mehr, er unterstützt mich nun in meiner Entscheidung. Von meinen Großeltern und der restlichen Verwandtschaft kommt nur positives Feedback, weil die teilweise auch im sozialen Bereich, nämlich mit Menschen mit körperlichen Einschränkungen, tätig sind. Gerade auch von meinem Freundeskreis wurde meine Entscheidung, in den sozialen Bereich reinzuschnuppern, sehr positiv aufgenommen. Die haben alle gesagt: „Daumen hoch, du bist so ein sozialer Typ, du gehst da bestimmt richtig drin auf.“

Frage: Warum würdest du einen Freiwilligendienst weiterempfehlen?

Florian Heise: Es ist einfach besser, wenn du nicht nur zwei Wochen lang in einen bestimmten Bereich reinschnuppern kannst, wie es standardmäßig in vielen Praktika der Fall ist. So habe ich es etwa im Schulpraktikum erlebt. Dort durfte man in den zwei Wochen dann auch nicht wirklich viel machen, wenn man ehrlich ist. Da finde ich es wirklich genial, dass man im Freiwilligendienst über ein ganzes Jahr in den sozialen Bereich einsteigen kann und für sich Pro und Contra abwägen kann, ob das der richtige berufliche Weg für einen selbst ist. Denn es könnte ja zum Beispiel auch sein, dass einem das Soziale Spaß macht, aber man mit den Kindern nicht zurechtkommt. Das kann man in meinen Augen in zwei Wochen einfach nicht abschließend herausfinden, sondern da braucht man mehr Zeit. Deshalb finde ich es im FSJ gut, wie es aufgebaut ist, also dass man zum Beispiel von Zeit zu Zeit aus der Einsatzstelle rausgeht und Seminarwochen hat, wo man sich mit anderen Freiwilligen austauscht. Da kann man sich dann zum Beispiel mit Leuten aus einem anderen Bereich der sozialen Arbeit unterhalten und merkt vielleicht: Ok, das klingt auch spannend, vielleicht rede ich mal mit meiner Anleitung, ob ich nicht in diesen Bereich auch mal noch reinschnuppern kann. Dieser Austausch mit den anderen Freiwilligen ist da schon sehr bereichernd. Außerhalb vom Konzept der Freiwilligendienste bin ich eh dafür, dass die Leute mehr und länger in soziale Berufe reinschnuppern können sollten, zum Beispiel in der Schule.

Frage: Welcher Begriff steht für dich für den Freiwilligendienst?

Florian Heise: Wenn ich jetzt an unsere Seminargruppe denke, ist es schon das Gefühl von Gemeinschaft. Du merkst nämlich, dass wir alle aus demselben Grund hier sind, nämlich herauszufinden, ob der soziale Bereich etwas für uns ist. Wir haben untereinander alle ein ähnliches Interesse, beruflich gesehen, aber alle haben dann doch andere Erfahrungen und da entsteht dann ein schönes Miteinander.

Frage: Liebe Frau Brust, Sie betreuen Florian ja während seines FSJs in der Einsatzstelle. Warum haben Sie sich dafür entschieden, mit Freiwilligen zu arbeiten?

Laura Brust: Ich sehe mich da in gewisser Weise in der Verantwortung, junge Menschen an unseren Beruf heranzuführen und sehe das FSJ als gute Chance dafür an. Denn dann muss man nicht gleich die Ausbildung beginnen, wenn man sich vielleicht noch nicht sicher ist, sondern kann sich vorher in Ruhe Gedanken machen und kann in den Beruf erstmal reinschnuppern. Im Freiwilligendienst ist alles auch ungezwungener und man kann mit ganz viel Anleitung ohne Notendruck oder Ähnliches Erfahrungen sammeln, um zu schauen, ob der Beruf etwas für einen selbst ist. Das finde ich gut und deshalb arbeite ich gerne als Anleitung mit Freiwilligen zusammen.

Frage: Welche Aufgaben übernehmen die Freiwilligen in der Einsatzstelle?

Laura Brust: Das kommt immer auf die Freiwilligen an. Da muss man natürlich immer von Mensch zu Mensch schauen, welche Aufgaben übertragen werden. Aber grundsätzlich sind es bei uns gerade in der Anfangszeit viele hauswirtschaftliche Tätigkeiten, weil wir einfach durch unser Konzept sehr viel selbst machen als Erzieher. Und durch die lebenspraktischen Tätigkeiten möchten wir den Kindern im Tun ein Vorbild sein und es ihnen vorleben. Da sind die FSJler dann natürlich dabei und unterstützen uns ganz viel in der Vor- und Nachbereitung. Sie arbeiten uns also zu. So wie Florian es vorhin gesagt hat, ist es sehr selten, also dass jemand neu in die Einrichtung kommt und direkt sagt, dass er zum Beispiel mit den Kindern schnitzen möchte. Das sind normalerweise Aufgaben, die eher zu einem späteren Zeitpunkt hinzukommen. Wenn man aber sieht, dass es dem jeweiligen Freiwilligen liegt und man kann damit arbeiten, dann ist es völlig in Ordnung, wenn schon recht früh viel von den Freiwilligen kommt, also wenn sie sich schon früh einbringen möchten, zum Beispiel indem sie eigene Aktivitäten für die Kinder anbieten.

Frage: Sie arbeiten ja bereits seit Jahren mit Freiwilligen zusammen. Was war Ihr schönstes Erlebnis mit Freiwilligen?

Laura Brust: Was ich ganz besonders schön finde, ist wenn die Freiwilligen kommen und ursprünglich beruflich gar nicht unbedingt in den Erziehungsbereich wollten, sondern die Chance nutzen möchten, um ein Jahr zu überbrücken und einfach zu schauen, was es im sozialen Bereich an beruflichen Möglichkeiten gibt. Wenn sie dann aus dem FSJ rausgehen und sagen, dass sie die Erzieherausbildung machen möchten, ist das natürlich besonders schön. Es ist toll zu sehen, wie sie in dem Jahr so viel an Fähigkeiten und schönen Erlebnissen gewonnen haben, sodass ich sagen kann: Das passt einfach. Die Person ist einfach für den Beruf gemacht. Wenn man auch sieht, dass die Freiwilligen so schnell den Zugang zu den Kindern finden und goldrichtig sind, dann ist das für mich das wertvollste Erlebnis. Das gibt mir als Anleitung dann auch viel zurück.

Frage: Welcher Begriff steht für Sie für den Freiwilligendienst?

Laura Brust: Das ist eine schwere Frage (lacht). Florian hat das schon so gut ausgedrückt vorhin. Auf jeden Fall ist im Zusammenhang mit den Begriff Gemeinschaft, den Florian ja bereits angesprochen hat, das Teamempfinden in der Zusammenarbeit mit den Freiwilligen ganz zentral. Aber natürlich ist auch die Anleitung ein ganz essentieller Bestandteil für mich, also dass man immer mit den FSJlern im Gespräch ist und ihnen Anleitung gibt. Denn man kann zum Beispiel nicht jedem Freiwilligen übertragen, dass er oder sie gleich zu Beginn des Freiwilligendienstes einer Mutter sagt, dass ihr Kind heute gestürzt ist. Deshalb ist es wichtig, immer im Gespräch mit den Freiwilligen zu bleiben und ihnen viel Unterstützung zuteil werden zu lassen. Es ist eher unüblich, dass jemand so wenig Unterstützung braucht wie Florian (lächelt).

Frage: Bleiben Sie in Kontakt mit den Freiwilligen? Wenn ja, wie?

Laura Brust: Ja, das kommt öfter vor. Zum Beispiel bei der Greta, die 2019/2020 als FSJlerin hier im Kindergarten war, ist es so, dass sie gerade dabei ist, ihren Sozialassistenten zu machen. Da ist sie aktuell immer montags und dienstags bei uns, um das Praktikum, das sie dafür braucht, zu machen. Es ist also schon so, dass die Freiwilligen sich immer wieder zurückmelden. Meistens kommt es dann auch von den Freiwilligen selbst, dass sie Praktika im Rahmen ihrer Erzieherausbildung bei uns absolvieren. Und wir laden die ehemaligen Freiwilligen auch immer zum Mitarbeiterfest, das jedes Jahr stattfindet, ein. So kann man dann immer nochmal mit ihnen ins Gespräch kommen und von ihnen erfahren, wie es ihnen in ihrer beruflichen Laufbahn so ergangen ist. Das ist schön, weil man sie dadurch auch nach ihrem Freiwilligendienst ein Stück weit auf ihrem Weg begleiten kann.

Frage: Wie begleiten Sie Ihre Freiwilligen unterstützend ihn ihrem Dienst?

Laura Brust: Es ist so, dass wir immer mit den Freiwilligen besprechen, dass sie in den ersten Wochen bis Monaten erst einmal in der Arbeit mit den Kindern hauptsächlich zuschauen sollen, um zu sehen, wie wir als Erzieher uns gegenüber den Kindern verhalten. Sie sollen so zunächst viel im Zuschauen und im Mitbekommen lernen. Außerdem stehen regelmäßig Gespräche zwischen Freiwilligen und der Anleitung auf dem Plan. Natürlich wird auch immer wieder direkt nach einer besonderen Situation mit den Freiwilligen über das Erlebte gesprochen, um direkt ein Feedback geben zu können und eine Reflexion zu ermöglichen. Somit stellen wir sicher, dass wir immer im Austausch miteinander bleiben, um Lernen zu ermöglichen.