Ruhestand ist KEIN Stillstand

Bundesfreiwilligendienst im Weinbau

von Beate Kielbassa

Ausruhen im Ruhestand kann man machen, muss man aber nicht…. Eine perfekte Möglichkeit, die gesammelte Lebenserfahrung weiterzugeben und im sozialen Bereich etwas Gutes zu tun, ist für Menschen jeden Alters der Bundesfreiwilligendienst (BFD). Der BFD ist ein gesetzlich geregelter Freiwilligendienst für Jung und Alt. Vielen Menschen ist es gar nicht bekannt, dass man sich in jedem Alter für diesen Dienst melden kann. Daher wollten wir die Gelegenheit nutzen, um anhand eines Mitarbeiters im BFD vorzustellen, wie ein solches Beispiel für beide Seiten aussehen kann: Martin Fox ist 63 Jahre alt. Er war über viele Jahre im Personalbereich der BASF tätig. Aktuell macht er einen Bundesfreiwilligendienst in unserem Bereich Weinbau. Wir haben ihn befragt:

Beate Kielbassa: Wie erlebt ein ehemaliger Personaler unsere immer größer gewordene Lebenshilfe?

Martin Fox: Ich erlebe die Einrichtung Lebenshilfe Bad Dürkheim im sehr positiven Sinne. Es ist so gut, dass es eine solche Einrichtung für Menschen mit Behinderung gibt. Ingrid Hemmer, die als Verantwortliche für Freiwilligendienste meine erste Anlaufstelle im Hause Lebenshilfe war, hat es mir auch wirklich leicht gemacht. Kurz vor dem Ende meiner beruflichen Tätigkeit bei der BASF war ich auf der Suche nach einer sozialen Aufgabe im Ehrenamt. Ich informierte mich zunächst bei der Caritas in Speyer, kam über die Suchmaschine „Google“ schließlich auf die Seite der Lebenshilfe und nahm Kontakt zu Frau Hemmer auf. Sie fragte meine Interessen ab, bot mir spontan eine offene Freiwilligendienststelle im Weinbau an, ging während unseres gemeinsamen Termins mit mir direkt zum Leiter des Weinbaus, Gabriel Huber, und schon war ein Termin für die Hospitation vereinbart. Diese schnelle Möglichkeit, mir direkt vor Ort anzuschauen, was auf mich zukommen würde, war für mich wichtig und gab mir Klarheit. Ich sagte ganz schnell meine Mitarbeit direkt im Anschluss an mein Arbeitsende bei der BASF zu. Gabriel Huber und ich waren uns sozusagen in 5 Minuten handelseinig.

Martin Fox blickt lächelnd beim Schneiden der Weinreben in die Kamera

Martin Fox beim Schneiden der Reben im Wingert.

Beate Kielbassa: Wie bist Du auf die Idee gekommen, einen Freiwilligendienst zu machen?

Martin Fox: Ich war auf der Suche nach einer sozialen Aufgabe, da ich es noch als zu früh empfand, „nur“ zu Hause zu sein, dafür habe ich mich noch zu jung gefühlt. Ich wollte etwas Sinnhaftes tun und kann nur jedem Ruheständler, der sich noch nicht ausruhen möchte, empfehlen, ebenfalls eine solche Erfahrung zu machen. Klar war für mich persönlich, dass der Freiwilligendienst nicht am Schreibtisch stattfinden durfte, denn das hatte ich beruflich lange genug erlebt. Ich habe in meinen fast eineinhalb Jahren so viele neue und gute Erfahrungen gemacht und Vieles dazu gelernt.

Beate Kielbassa: Beschreibe uns einmal Deinen Arbeitsalltag oder besondere Erlebnisse bei Deiner Tätigkeit.

Martin Fox: Morgens geht es bei mir los, indem ich einen Teil unserer Mannschaft mit dem Bus in den Wingert bringe. Dann haben wir je nach Jahreszeit zu tun im Team mit Arbeiten wie Schneiden, Entlauben, Reben abziehen, Wingert pflegen, Wingert neu anlegen oder im Herbst natürlich auch die Ernte der Trauben. Besonders ist für mich unser gemischtes integratives Arbeitsteam. Das gute und fröhliche Miteinander mit den Gruppenleitern Holger Gehrig, Leroy Otten und Timo Wolf ist für mich etwas ganz Besonderes. Die Menschen mit Behinderung machten mir das Ankommen wirklich auch leicht. Die vielen individuellen Persönlichkeiten mit ihrer Fröhlichkeit waren ein tolles Erlebnis. Und im Unterschied zum „echten Berufsleben“: Hier kommen Menschen mit Behinderung jeden Tag gerne zur Arbeit, sie können sich den Tag oft gar nicht vorstellen ohne ihre Kollegen. Da fährt ein junger Mann mit Beeinträchtigung jeden Tag aus Bad Bergzabern selbständig mit dem Zug zum Weinbau, weil es ihm so gut gefällt und ein junger so unglaublich toller Kollege mit Down Syndrom kommt jeden Tag ebenfalls aus Landau, weil er eben Winzer sein möchte. Eine tolle Idee und ein klasse buntes Arbeitsteam und ich mittendrin…. Wir machen auch als Team zusammen Mittag im Speisesaal der Lebenshilfe.

Beate Kielbassa: Wir haben erfahren, dass Du nach Deinem ersten Jahr im Weinbau sogar verlängert hast. Wie kam es dazu?

Martin Fox: Gabriel Huber sprach mich an, dass er mich sehr gerne auch noch ein halbes Jahr länger als Freiwilligen im Team hätte. Ich habe mich über dieses Interesse und die damit ausgesprochene Wertschätzung gefreut und beschlossen, auch diese Chance zu ergreifen. Es tut mir gut, hier zu arbeiten und daher habe ich auch schnell zugesagt.

Beate Kielbassa: Wie zufrieden bist Du mit der Lebenshilfe Bad Dürkheim als Einsatzstelle?

Martin Fox: Für mich hat alles wirklich sehr gut gepasst. Als kleine Anregung: Ich hätte mich auch über ein Kennenlernen der anderen Arbeitsbereiche der Lebenshilfe gefreut. Vielleicht könnte man den Freiwilligen einen solchen Infotag ermöglichen.

Beate Kielbassa: Privat bist Du seit Kurzem schon zweifacher Opa. Was sagen denn Deine Kinder zu Deinem neuen Arbeitsfeld?

Martin Fox: Sie freuen sich sehr, dass ich eine so interessante neue Aufgabe für mich entdeckt habe.

Beate Kielbassa: Gibt es noch etwas, was Du den Lesern auf den Weg geben möchtest?

Martin Fox: Ich bin wirklich ein Freund des Freiwilligendienstes und es wäre eine Bereicherung für unsere Gesellschaft, wenn dieser Dienst verpflichtend für alle eingeführt würde. Ich bin überzeugt, dass dies viele Menschen im Positiven prägen würde.

Beate Kielbassa: Lieber Martin, Dir ein ganz herzliches Dankschön für ein solch tolles Engagement und auch über Deine Bereitschaft, darüber zu berichten!